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Reden und Aufsätze
21.06.2006
Rede von Lothar Mark als Berichterstatter für den Haushalt des Auswärtigen Amtes anläßlich der 2./3. Lesung Haushalt im Deutschen Bundestag am 21. Juni 2006 (ausführliche Version)
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Foto: Bildstelle des Deutschen Bundestages

Lothar Mark im Plenum am 21.06.2006


Sehr geehrter Herr Präsident, 
liebe Kolleginnen und Kollegen,


Deutschlands Verantwortung in der internationalen Politik ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Erst kürzlich wurde Deutschland mit der höchsten Stimmenzahl in den neuen UN-Menschenrechtsrat gewählt, was als Zeichen der Anerkennung für eine berechenbare und ausgewogene Linie Deutschlands in der internationalen Menschenrechtspolitik zu verstehen ist. Im ersten Halbjahr 2007 werden wir die EU-Präsidentschaft sowie ganzjährig den Vorsitz der G 8 mit Ausrichtung des G8-Gipfels übernehmen, was neue Herausforderungen an uns stellen wird.


Vor dem Hintergrund, dass der islamistische Terror in den letzten Jahren Europa erreicht hat, dass nach wie vor humanitäre Hilfe in bekannten und neuen Krisenregionen zu leisten ist, und bei der Sicherung des Friedens bzw. beim zivilen Aufbau in Afghanistan, im Kosovo, im Irak, in Darfur und jetzt zur Sicherung der Wahlen im Kongo unsere Unterstützung gefragt ist, sind die Erwartungen an die Bundesregierung und das Auswärtige Amt auch konzeptionell gewachsen.


Dem steht die Tatsache gegenüber, dass alle Ressorts - angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage und der Verpflichtung durch die Maastricht-Kriterien – in die Haushaltskonsolidierung eingebunden sind.


Der Haushalt des Auswärtige Amtes (Epl. 05) umfasst im Jahr 2006 ein Gesamtvolumen von 2 292 Mio ¤. Damit beträgt der Anteil der Ausgaben für die Außenpolitik am Gesamthaushalt lediglich 0,88 %. Im Vergleich zu 2005 steigt zwar der Haushalt des AA realiter um 87 Mio. ¤ (3,9 %) an, davon sind allein 73 Mio ¤ (84 %) auf Wechselkursanpassungen bei den UN-Pflichtbeiträgen zurückzuführen. Die Mittel sind also nicht für politische Ausgaben verfügbar.


Tatsächlich enthält der Haushalt des AA - anders als die meisten Einzelpläne - insbesondere bei den Pflichtbeiträgen, die im Jahr 2006 23 % ausmachen, ein besonderes Risiko: Die Abhängigkeit vom Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar. Eine verdeckte Abhängigkeit vom Wechselkurs findet sich aber auch bei anderen Titeln, z.B. bei den Betriebsausgaben (bei Mieten für Auslandsliegenschaften oder Gehälter für Ortskräfte etc.), deren Zahlung in diesem Jahr durch einen einmaligen Betrag von 15 Mio ¤ zusätzlich und flexibilisierte Ausgabereste abgesichert werden konnte.


Seit langem trete ich dafür ein, dass die – wie ich es nenne - Konzernkosten wie die UN-Pflichtbeiträge von den flexiblen Ausgaben getrennt und herausgerechnet werden, da heute bei Kürzungen die flexiblen Titel überproportional belastet werden. Dies ist allerdings nur dann umsetzbar, wenn generell im Bundeshaushalt so verfahren wird, insbesondere aber bei den Einzelplänen der Ministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Verteidigung scheint es notwendig.


Der Einzelplan 05 trägt die Maßnahmen zur Konsolidierung des Bundeshaushalts mit. Die Einsparvorgaben des Koalitionsvertrages werden ebenso wie die GMA in voller Höhe erbracht. Er ist 2006 von Kürzungen in Höhe von ca. 45 Mio ¤ betroffen. Hiervon entfallen ca. 22 Mio ¤ auf den Beitrag zur Globalen Minderausgabe, knapp 15 Mio ¤ auf den im Koalitionsvertrag beschlossenen „Solidarbeitrags des öffentlichen Dienstes“ bei Sachausgaben und ca. 3 Mio. bei institutionellen Zuwendungsempfängern. Hinzu kommen ca. 4 Mio ¤ infolge der Kürzung der Sonderzuwendung für Beamte. Zur Absicherung der genannten Kürzungen bei den Verwaltungsausgaben müssen Minderausgaben insbesondere bei den Programmtiteln, politischen Ausgaben und der AKBP erwirtschaftet werden.


Hier ist zu konstatieren, dass sich das Auswärtige Amt seit der 2. Reforminitiative von Bundesaußenminister Fischer im Jahr 2002 bemüht, alle Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, um mit weniger Ressourcen wesentlich mehr Effizienz zu erzielen, was heute an vielen Stellen schon positiv wirkt. Dafür gebührt den Mitarbeitern des AA Anerkennung. Mit dem Mittel der „Public Diplomacy“, insbesondere über die Kultur- und Wirtschaftsabteilungen, gelingt es den Auslandsvertretungen, Sympathie für und Neugier auf Deutschland zu wecken und damit zu Deutschlands Ansehen in der Welt beizutragen, wobei sie unser aller Unterstützung verdienen.


Die Große Koalition hat zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, um Binnenkonjunktur und Außenwirtschaft anzukurbeln. Ich appelliere deshalb an Sie, künftig mit uns dafür zu sorgen, dass der Haushalt des AA - auch im Vergleich zu BMVg und BMZ – in den nächsten Jahren wieder einen echten Aufwuchs erfährt, wie der Auswärtige Ausschuss mit seinem Beschluss vom 5. April 2006 für das Haushaltsjahr 2007 bereits angemahnt hat. 


Lassen Sie mich nun einige Zahlen nennen, die mir wichtig erscheinen:


Der Ansatz für humanitäre Hilfe (0502 687 12) konnte in den diesjährigen Haushaltsberatungen erstmals substantiell auf 50 Mio ¤ angehoben und in der Finanzplanung verstetigt werden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Ist-Ausgaben für diesen Zweck in den letzten Jahren regelmäßig einen solchen Betrag erreichten. 2005 waren die Ausgaben durch die Tsunami-Katastrophe mit 71 Mio ¤ sogar erheblich höher.


Beim Titel „Demokratisierungs- und Ausstattungshilfe, Minenbeseitigungsprogramme, Menschenrechte“ (Kap. 0502, Tit. 687 23) habe ich mit meinem Berichterstatterkollegen Herbert Frankenhauser dafür gesorgt, dass der Ansatz im Vergleich zum Regierungsentwurf eine Erhöhung um 504    auf 18,78 Mio ¤ erfährt. Die zusätzlichen Mittel sollen zur Verstärkung der laufenden Minenbeseitigungsprogramme beitragen. Hier muss im nächsten Haushalt sicher noch nachgebessert werden, auch wenn bereits Verpflichtungsermächtigungen vorliegen. In dem Zusammenhang möchte ich an die letzte Überprüfungskonferenz zur Ottawa-Konvention im November 2005 erinnern, bei der die Bundesregierung ihre fortbestehende Bereitschaft zur Hilfe bei der Beseitigung der heimtückischen Anti-Personenminen erklärt hat. Ich appelliere erneut an die Länder, die diese mörderischen Waffen herstellen und verkaufen, das Ottawa-Abkommen zu  unterzeichnen. Produktion und Vertrieb sind sofort einzustellen und deren Einsatz zu ächten! Die betreffenden Länder sowie die früher Verantwortlichen sollten meiner Ansicht nach auch die Hauptlast bei der Beseitigung und Heilung der Folgen dieser Mordinstrumente tragen.


Ein kleinerer Beitrag von 58 000 ¤ wurde von uns für die Verstärkung der internationalen Aktivitäten der Kirchen umgeschichtet – dies als Zeichen unserer Anerkennung für die segensreiche kulturpolitische, aber auch soziale Arbeit der Kirchen vor Ort.


Für die Übernahme der EU-Präsidentschaft und den ganzjährigen Vorsitz der G 8 mit Ausrichtung des Gipfels wurden im Einzelplan 05 im Personalbereich 15 zusätzliche Stellen eingestellt sowie eine Anhebung des Aushilfskräftetitels vorgenommen. Zur organisatorischen und formellen Vorbereitung sind 12,3 Mio ¤ sowie Verpflichtungsermächtigungen für 2007 in Höhe von 20 Mio ¤ eingestellt. 


U.a. durch die Erfassung biometrischer Merkmale und Umstellung des Visaverfahrens wurden in diesem und letzten Jahr zusätzliche Mittel beansprucht und enorme Anforderungen an das Personal der deutschen Auslandsvertretungen gestellt, die kaum zu leisten waren, wie uns bei einer kürzlichen Diskussionsrunde im A.A. auf Einladung von Ver.di eindrücklich geschildert wurde.


Wichtig zu erwähnen scheint mir noch, dass die Stabilitätspakte Afghanistan und Südosteuropa, die beim BMZ eingestellt, aber seit 2003 vom AA bewirtschaftet werden, in diesem Jahr mit jeweils 30 Mio ¤ die Mittel des AA für Sicherheit und den zivilen Aufbau in Krisengebieten, aber auch bei der der Gewaltprävention verstärkt haben. Dem Bundesfinanzminister liegt bereits ein Schreiben von mir vor, in dem ich an die Bundesregierung appelliere, diese ab 2007 neu aufzulegen, im Sinne der Haushaltswahrheit und –klarheit aber beim AA einzustellen, denn nur dieses garantiert die Fortführung der Maßnahmen.


Da in den letzten Wochen eine breite Diskussion zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in den Medien stattgefunden hat, in der das Goethe-Institut als größter Mittler der AKBP im Zentrum der Betrachtung stand, will ich mich hier vor allem darauf konzentrieren.


Bereits im Koalitionsvertrag war zu lesen, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik als „wichtige und tragende Säule der deutschen Aussenpolitik“ gesehen wird und diese deshalb mit „sachgerechten Mitteln“ auszustatten sei. Die Kernbereiche Bildung und Wissenschaft, das Auslandsschulwesen, die Bedeutung der Goethe-Institute und die deutsche Spracharbeit erfuhren damit eine besondere Aufwertung. Daran gemessen - und da sind sich AA und die Berichterstatter einig – wurde eine nachhaltige Stärkung der AKBP mit dem Haushalt 2006 noch nicht zufrieden stellend in Angriff genommen, zumal der Zuwachs primär dem Zufluß von 22 Mio ¤ aus dem Paket der Bundesregierung für Forschung, Bildung und Entwicklung, ergänzt um 3 Mio ¤ für das Deutsche Archäologische Institut – zu verdanken ist. In den Bereichen Auslandsschulwesen und Baumaßnahmen gingen die verfügbaren Mittel zurück. Ich freue mich in dem Zusammenhang, dass auf Bundestagsebene inzwischen beim Auswärtigen Ausschuss ein Unterausschuss eingesetzt wurde, der sich ausschließlich der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik widmet. Auch hier wollen wir daran arbeiten, dass eine Trendwende in der Förderung der AKBP eingeleitet werden kann.


Nach den parlamentarischen Beratungen kann das Kapitel 0504, Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland, mit einem Volumen von 548 Mio ¤ im laufenden Jahr einen leichten Zuwachs gegenüber 2005 (+ 1,9 Mio ¤) verzeichnen. Dabei entfallen 108,8 Mio ¤ (jetzt 115,8) auf die institutionelle Förderung des GI und 50 Mio ¤ (jetzt 43 Mio ¤) auf die Projektförderung des GI als größtem Zuwendungsempfänger.


Die Haushaltslage des Goethe-Institut gibt, wie in den letzten Wochen zu lesen war, Anlass zur Besorgnis. Die Geschäftsführung ist deshalb gebeten, spätestens bis Herbst 2006 ein Sanierungskonzept zu erarbeiten, bei dem es nicht nur darum gehen kann, bewährte Einrichtungen im alten Europa zu schließen, wie vielfach durch die Presse geisterte. Effizienzsteigerung durch Bündelung der Kräfte, Vernetzung und gemeinsame Unterbringung mehrerer Mittlerorganisationen vor Ort sind hier die Stichworte. Insofern begrüße ich es außerordentlich, dass in diesem Jahr in Abu Dhabi ein Goethe-Institut eingerichtet wurde, das sich mit dem DAAD und der GTZ die Räumlichkeiten teilt, um damit gegenseitig Synergieeffekte zu nutzen. Die Emirate sind inzwischen Deutschlands größter Handelspartner in der Region. Die Nachfrage nach deutscher Sprache kann kaum befriedigt werden, so ist zu lesen.


Im Zuge der parlamentarischen Beratungen wurde eine Umschichtung von Programmmitteln zur institutionellen Förderung vorgenommen, damit die Deckungslücke von rund 7 Mio ¤ im Haushalt des GI durch die Zentrale aufgefangen werden kann. Prinzipiell sind sich GI, AA und die Berichterstatter der Koalition aber einig, künftig mehr Geld für Projektmittel aufzuwenden, zumal rund 80 % der Mittel gegenwärtig für Verwaltung, Institute und deren Personal gebunden sind. In diesem Jahr gilt es aber, die laufende Arbeit des Instituts zu sichern. Ich komme später noch mal zurück auf das Goethe-Institut. 


Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) als kaum weniger wichtiger Zuwendungsempfänger des AA erhält 19,4 Mio ¤ an institutioneller und 100,3 Mio ¤ an Projektförderung; die Alexander-von-Humboldt-Stiftung (AvH) 4,3 Mio ¤ an institutioneller und 29.8 Mio ¤ an Projektförderung. Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) erhält in diesem Jahr 24,9 Mio ¤.


Wie schon erwähnt, stellt die Große Koalition für die Initiative „Bildung, Forschung und Entwicklung“ bis 2010 im Gesamthaushalt 6 Mrd. ¤ zur Verfügung. Das AA und deren Mittler DAAD und AvH profitieren davon im Rahmen des Internationalisierungprogramms im Wissenschafts- und Hochschulbereich (2006 Erhöhungen beim Stipendientitel von 88 auf 107 Mio ¤ und beim Titel „Beziehungen zwischen deutschen und ausländischen Wissenschaftlern, Studierenden und Hochschulen“ von 37 auf 40 Mio ¤). Das DAI erhält aus diesen Mitteln 3 Mio ¤ und kann damit seine internationale Spitzenstellung in der archäologischen Forschung weiter festigen; selbst im Iran wird die Arbeit deutscher Archäologen hoch geschätzt. 


Ein weiterer wichtiger Posten im Kulturhaushalts ist der Europäisch-islamische Kulturdialog (EIK). Vor dem Hintergrund der anhaltenden Gefahren durch islamistischen Terror, aber auch der Förderung einer Verständigung zwischen den Kulturen und Religionen wird es beim EIK gegenüber dem Vorjahr einen Aufwuchs um 20 % auf 1,9 Mio ¤ geben. Hinzu kommen Mittel, die aus anderen Titeln des Kulturhaushalts finanziert werden. Das Gesamtvolumen für den EIK umfasst demnach im Bundeshaushalt ca. 6 Mio ¤.


Der frühere Außenminister Fischer, der der AKBP bei der Konfliktprävention und den Menschenrechten eine wichtige Rolle zuwies, wurde auch im Zusammenhang mit der Reformdebatte beim GI vielfach dafür gescholten. Ähnlich erging es in den letzten Wochen der Präsidentin des Goethe-Instituts, Frau Prof. Limbach, die sich laut einem vielzitierten „Strategiepapier“ aus dem „alten Europa“ zurückziehen wolle, um den Schwerpunkt der Arbeit des GI nunmehr in die konfliktreichen bzw. aufstrebenden Regionen des Nahen und Fernen Ostens zu verlagern. Hier sei die Präsenz des GI gefordert. Die Rüge kam nicht zuletzt von dem Kollegen Peter Gauweiler, der ihr indirekt unterstellte, sie sehe im GI eine Art „Reserve-UN“; die FAZ sprach gar von einer „kulturimperialistischen Anmaßung, die am eigenen Diskurswesen die ganze Welt genesen lassen“ wolle (Mark Siemons am 2.6.06: „In Goethes Zungen reden“).


Ich meine, wir tun beiden unrecht, Frau Prof. Limbach hat inzwischen klar gestellt, dass sich die Arbeit des GI eindeutig von derjenigen der politischen Stiftungen unterscheiden müsse, „Demokratieexport und Verfassungsmarketing“ nicht die primären Aufgaben des Instituts seien. Aber auf der gleichen Tagung in Tutzing hat der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani darauf hingewiesen, dass Kultur durchaus Dialog und Annäherung fördern könne, wenn man nicht den Eindruck erwecke, die eigene Kultur exportieren zu wollen, sondern auch kritisch mit ihr ins Gericht zu gehen (wie es Künstlern ja oft zu eigen ist): „Kultur ist ein selbstkritischer Akt, der die Bereitschaft der anderen Seite erzeugt, über ihre Schwächen zu sprechen. Dies ist die Basis dafür, in die dunklen Seiten der anderen Kultur einzudringen.“ Gefordert scheint mir in der Tat eine Offenheit für die Kultur des anderen, dann kann aus dem Dialog der Kulturen auch eine „Kultur des Dialogs“ entstehen, um ein Wort unseres Außenministers aufzugreifen. In seiner gemeinsamen Erklärung mit dem türkischen Außenminister Abdullah Gül kurz nach dem Karikaturenstreit heißt es: Wir sollten unsere Diskussionen im Geiste des Respekts vor dem kulturellen und religiösen Empfinden des Anderen führen. Provokationen, die den anderen ins Mark treffen, können nirgendwo auf der Welt ein Beitrag zum Zusammenleben sein. Gemeinsam wollen wir allen Entwicklungen entgegentreten, die uns in die Richtung eines "Kampfes der Kulturen" ziehen. Wir glauben, dass wir zu einem Dialog zurückfinden müssen, in dem beide – Meinungsfreiheit und religiöser Respekt – ihren Platz haben.“ Ich meine, die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik kann sehr wohl einen Beitrag zu langfristiger Verständigung leisten und damit auf lange Sicht auch „Konfliktprävention“ betreiben.


Zwischen der Kritik von Navid Kermani, der monierte, dass bisher 40 % des Goethe-Budgets nach Westeuropa flössen, während man in den genannten Regionen kaum Präsenz zeige, und der Kritik vieler Kulturpolitiker, sich bei der neuen strategischen Ausrichtung des Instituts zu übersehen, wie wichtig gerade nach dem Scheitern der Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden die Goethe-Institute in WE sind, ist das GI auf Grund der Sparzwänge in den kommenden  Monaten gefordert, ein ausgewogenes Konzept zu entwickeln, bei dem alle Interessen berücksichtigt werden. Auch das Argument, Deutschland könne nicht auf EU-Ebene für die Anerkennung des Deutschen als Amtssprache streiten und gleichzeitig Goethe-Institute in Westeuropa schließen, wiegt schwer. Die Berichterstatter verfolgen aktiv die Bemühungen von AA und GI, tragfähige Sanierungskonzepte zu erarbeiten und haben für beide Seiten ein offenes Ohr.


Im Sinne der 2002 begonnenen 2. Reforminitiative des Auswärtigen Amtes konnten auch bei der Budgetierung und gegenseitigen Deckungsfähigkeit einzelner Titel Fortschritte erzielt werden. Ich begrüße deshalb das Pilotprojekt Italien des Goethe-Instituts als größter nichtstaatlicher Mittlerorganisation, die im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland kulturpolitische Aufgaben im Ausland übernimmt, dessen erste Auswertung jetzt vorliegt. Eile für einen möglichst baldigen Beginn der externen Evaluierung des GI Italien schien mir schon deshalb geboten, damit schnell eine Budgetierung weiterer Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ins Auge gefasst werden kann. Denn: Beschränkte Deckungsfähigkeit von einzelnen Titeln – und dies sage ich ausdrücklich an die Adresse des Bundesfinanzministeriums - kann nur ein erster Schritt zur Aufgabe der althergebrachten Titelstruktur hin zur Schaffung von Budgetierung und damit Übertragbarkeit nicht verbrauchter Gelder in die Folgejahre zu sein. Mit Freude sehe ich, dass das GI nunmehr auch die Regionen Nordamerika (einschließlich Kanada und Mexiko) und Osteuropa/Zentralasien in die Erprobung mit einbeziehen wird.


Ich bin der festen Überzeugung, dass die neuen Steuerungsinstrumente – Budgetierung und die damit verbundene strategische Zielvereinbarung - dazu beitragen werden, eine effizientere Steuerung der Auslandskulturarbeit durch das Auswärtige Amt zu ermöglichen. Durch sie wird die Eigenverantwortung der Mittler gestärkt, eine bessere Überschaubarkeit und Kontrolle der Ausgaben sichergestellt. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage sollten schon jetzt im Rahmen der Kameralistik alle Möglichkeiten einer betriebswirtschaftlichen Haushaltsführung beim A.A. genutzt werden. In dem Zusammenhang begrüße ich, dass seit Einführung des Haushaltsgesetzes 1998 in den Paragraphen 5 und 6 Flexibilisierungsregeln für eine wirtschaftlichere Haushaltsführung bei den Betriebsausgaben eingeführt wurde, welche u.a. die Übertragbarkeit von Ausgaberesten ins Folgejahr vorsehen. Das AA bestätigt, dies habe „insgesamt zu einer sparsameren Bewirtschaftung geführt“.


Lassen Sie mich zum Schluss noch zum Thema Auslandsschulen kommen, das mir seit geraumer Zeit Sorge bereitet, da Schulleiter und Lehrkräfte inzwischen klagen, an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gekommen zu sein, obwohl bereits Schulgelder erhoben, Spenden- und Sponsorenmittel eingeworben werden und sich die zuständige Zentralstelle für das Auslandsschulwesen schon um die Optimierung des betriebswirtschaftlichen Managements der Schulen mit gezielten Fortbildungsangeboten für Schulvereinsvorstände und –verwaltungsleiter bemüht. Sicher mussten die Lehrer an deutschen Schulen auch durch die Umstellung auf eine Pauschalisierung durch die ZfA bereits Einbußen hinnehmen. Erst jüngst hat das AA versichert, das Auslandsschulwesen bleibe „ein zentrales Element der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik“. Unter Fachaufsicht des AA fördert die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen im Bundesverwaltungsamt deutsche Auslandsschulen personell und finanziell in erheblichem Umfang und führt Lehrerentsendeprogramme mit Unterstützung ihrer Fachberater/Koordinatoren durch. In den vergangenen Jahren unterlag der Schulfonds den allgemeinen Einsparungen; im Vergleich zu 2005 ging die Förderung in diesem Jahr von 178 auf knapp 172 Mio ¤ zurück.


Deutsche Schulen im Ausland sind weltweit als Außenstellen der AKBP im Dienst der Völkerverständigung tätig, machen das heutige Deutschland der jungen Generation in den Gastländern verständlich und dienen als wirksame Außenrepräsentanz deutscher Kultur und Gesellschaft. Dass der Abschluss an einer Auslandsschule Grundlage für Karrieren sein kann, zeigt das Beispiel Mexiko, das ich als Beauftragter für Lateinamerika meiner Fraktion und Vorsitzender der Deutsch-Mexikanischen Parlamentariergruppe hier gern erwähnen möchte. In einheimischen Spitzenpositionen arbeiten – trotz starker Konkurrenz zur amerikanischen Schule – annähernd hundert ehemalige Absolventen der deutschen Schule, zwei Minister eingeschlossen. Tatsächlich bilden ehemalige Schüler von Auslandsschulen Netzwerke, auf die sich auch deutsche Politik, Wirtschaft und Kultur stützen kann. Frühere Absolventen an deutschen Universitäten stärken zugleich den Studien- und Wissenschaftsstandort Deutschland und beeinflussen ökonomische Entscheidungen ihres Landes.


Ich freue mich, dass im Auslandsschulwesen durch konzeptionelle Umstrukturierungen finanziell und bei der Effizienzsteigerung bereits Erfolge zu verzeichnen sind. Es gibt einzelne Kooperationen zwischen Auslandsschulen, GI und weiteren Mittlerorganisationen sowie Auslandsvertretungen; meiner Beobachtung nach muss die Bereitschaft, sich räumlich und programmatisch zu ergänzen, aber ausgebaut werden. Gemeinsam mit den Ländern – so ist der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP vom 29.05.2006 zu entnehmen – wurde bereits ein Reformprozess eingeleitet, der die Stärkung der Eigenverantwortung der Auslandsschulen, die Umsetzung definierter Qualitätsstandards, die Flexibilisierung des Personaleinsatzes sowie eine Straffung des Bund-Länder-Ausschusses für schulische Arbeit im Ausland zum Ziel hat. Ich möchte heute anregen, dass das AA basierend auf dieser Reforminitiative möglichst bald ein umfassendes Konzept entwickelt, wie wir auch künftig dafür sorgen können, dass sich Auslandslehrerinnen und –lehrer für diese wichtige nationale Aufgabe finden.


Im Sinne von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit plädiere ich auch dafür, dass im Schulfonds künftig keine sachfremden Leistungen für andere Mittler mehr versteckt werden. So werden aus dem Schulfonds z.B. auch die Lehrkräfte an Europäischen Schulen im Inland, aber auch 35 Fachberater des Goethe-Instituts und damit die Fortbildung für Erwachsene finanziert. Wir sollten endlich daran gehen, dass die Zuwendungsempfänger nur noch in einem Einzelplan oder zumindest in einem Kapitel veranschlagt werden. Wie soll die Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern gewährt werden, wenn die Haushälter selbst beim Lesen der Haushaltspläne oft überfordert sind. Weitere Beispiele für fehlende Klarheit bei den Ausgaben sind das GI und die Deutsche Welle.


Auch im Zusammenhang mit nötigen Reformen bei den Auslandsschulen begrüßen wir die Ankündigung von Außenminister Steinmeier, der gemeinsam mit politischen Entscheidungsträgern und operativen Partnern die „AKBP-Konzeption 2000“ evaluieren und mittelfristige Ziele konkretisieren will. Dazu ist Ende 2006 eine AKBP-Konferenz geplant, zu der nicht nur klassische Mittlerorganisationen, sondern auch andere kulturpolitische Akteure eingeladen werden sollen. Ein wichtiges Thema wird dabei sein, eine bessere Vernetzung der deutschen kulturpolitischen Aktivitäten im In- und Ausland auszuloten.


Liebe Kolleginnen und Kollegen,


über den Haushalt hinaus geht es darum, auch in mittelfristiger Perspektive dafür zu sorgen, dass die Ressourcenentwicklung für den Auswärtigen Dienst mit den unabweisbaren steigenden Anforderungen Schritt halten kann. Dies gilt allerdings nicht nur für die politischen Ausgaben, vielmehr muss die Ressourcenausstattung des Auswärtigen Dienstes auch in einem anderen, um so wichtigeren Bereich im Auge behalten werden: Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes werden nicht nur komplexer, sondern weltweit auch schwieriger. Der steigende Einsatz in Krisengebieten sowie die zunehmenden auslandsspezifischen Gefährdungen und Belastungen (Krieg, Bürgerkrieg, Terrorismus, Naturkatastrophen, Kriminalität, Umweltbelastung, Gesundheitsgefährdungen etc. fordern von unseren Diplomaten und ihren Familien einen besonderen Einsatz und hohe Motivation. Hier haben wir gemeinsam eine Fürsorgepflicht.


Der Haushalt des Auswärtigen Amtes für 2006 ist unter schwierigen Rahmenbedingungen aufgestellt worden (haushalts- und finanzpolitische Sachzwänge, verkürztes Haushaltsverfahren, untypisches Haushaltsjahr mit vorläufiger Haushaltsführung bis Mitte des Jahres). Auch im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens bestanden daher kaum Gestaltungsspielräume.


Abschließend möchte ich deshalb meinen Dank für die gute Zusammenarbeit zum Ausdruck bringen, mit dem die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss und im Auswärtigen Ausschuss mit mir den Einzelplan des Auswärtigen Amtes begleitet haben. Mein ganz besonderer Dank geht an meine Mitberichterstatter Herbert Frankenhauser, Alexander Bonde und Michael Leutert sowie den Hauptberichterstatter Jürgen Koppelin. Den Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes danke ich für die prompte, kompetente Erledigung unserer Berichtsaufträge und das stets angenehme Gesprächsklima.


Vielen Dank.


 



 

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