19.04.2024
Startseite
Mannheim
Berlin
Presse/Reden/Archiv
Kulturspaziergänge
BILDERGALERIE
BILDERGALERIE LA
BESUCHERGRUPPEN
TOPTHEMEN
POSITIVE RESONANZ
AWO-Vorsitzender bis 2008
Kontakt
Impressum
Links
Publikationsverzeichnis
Sitemap
Anträge/Gesetzentwürfe
   
   
Mitglied des Deutschen Bundestages
 
Mitglied im Haushaltsausschuss
 
Stellv. Mitglied des Auswärtigen Ausschusses
 
Beauftragter der SPD- Bundestagsfraktion
für Lateinamerika
 
 
 

Sie sind der
13246553.
Besucher
 
Reden und Aufsätze
11.11.2004
Rede zur 2. Lesung und Ratifizierung des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und Chile sowie zum Kolumbien-Antrag der CDU/CSU-Fraktion (Drs. 15/3959) im Deutschen Bundestag
Artikel drucken

Assoziierungsabkommen EU-Chile:


Das Assoziationsabkommen zwischen der EU und Chile ist das umfangreichste, das die EU jemals mit einem Drittstaat geschlossen hat und stellt damit einen Meilenstein für die Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika insge­samt dar. Nach Mexiko ist Chile das zweite Land, mit dem ein solches Abkommen vereinbart wurde.

Dieser Vertrag umfasst weit mehr als ein reines Handelsab­kommen. Der scheidende EU-Handelskommissar Pascal Lamy beschreibt dies wie folgt: "Mit der Unterschrift unter dieses Dokument haben Chile und die EU vor dem Rest der Region die Verantwortung zur Bildung einer strategischen Beziehung zwischen Europa und Lateinamerika übernom­men". Es geht folglich um mehr als die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen, sondern auch um das gemein­same Bekenntnis zu unseren Grundsätzen der Demokratie und der Menschenrechte.

Entsprechend der Vereinbarungen im politischen Protokoll, das neben dem Wirtschafts- und Handelskapitel den zwei­ten Pfeiler bildet, sollen die EU und Chile ihre Positionen in Fragen der internationalen Politik künftig noch besser koordinieren und in internationalen Gremien gemeinsame Initiativen einbringen. Wir sind vom Nutzen einer solchen Politik der internationalen Kooperation überzeugt, die auf Alleingänge bewusst verzichtet und unbedingt dem Konzept des Multilateralismus verpflichtet ist.

Hinzu kommt als dritter Pfeiler ein Kooperationsabkommen, das eine verstärkte Zusammenarbeit im kulturellen sowie im Bildungsbereich vorsieht und Chile einen privilegierten Zugang zu den Rahmenprogrammen der EU gewährt.

Die Handelsvereinbarungen des Abkommens bieten Chile Zugang zu einem Markt von über 450 Mio. Verbrauchern. Dem Land eröffnen sich damit Chancen, die von der Ein­führung neuer Qualitätsstandards und dem damit verbun­denen Gewinn des Vertrauens der europäischen Verbrau­cher bis hin zur Diversifizierung der Absatzgebiete und der eigenen Produkte reichen.

Selbstverständlich ist das Abkommen auch für Europa von allergrößtem Interesse. Im Weltbankbericht "Doing Busi­ness 2004" wird Chile als bester Geschäftsstandort Latein­amerikas bezeichnet; unter den "emerging markets" rangiert es an zweiter Stelle. Im vergangenen Jahr hat Chile zudem Antrag auf Aufnahme in die OECD gestellt.

Wie Sie wissen, finden bestimmte Abkommensteile -ins­besondere Bestimmungen zum Warenverkehr und über institutionelle Fragen- bereits seit dem 01.02.2003 Anwen­dung. Somit kann eine erste, vorläufige Bilanz gezogen werden, die durchaus positiv ausfällt: Das Handelsvolumen der EU mit Chile hat sich in den ersten Monaten dieses Jahres sprunghaft entwickelt. Die chilenischen Exporte nach Europa sind um 52 %, die Exporte nach Deutschland sind um 56 % gewachsen. Die deutschen Ausfuhren nach Chile legten immerhin um 11 % zu.

Das Assoziierungsabkommen hat also schon jetzt den traditionell guten und intensiven Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Chile einen wesentlichen Impuls verleihen können. Deutschland hat seinen Rang als wichtigster Lieferant Chiles innerhalb der Europäischen Union behauptet, wenngleich angemerkt werden muss, dass Deutschland wie auch die EU insgesamt nicht so stark wie andere Regionen vom chilenischen Handelswachstum profitieren. An dieser Stelle gilt daher mein Appell an die deutsche Wirtschaft, den Blick auch wieder verstärkt über den (Süd)Atlantik zu richten.

Diese Entwicklungen lassen hoffen, dass die fortschrei­tende Liberalisierung des Warenverkehrs auf beiden Seiten dazu beitragen wird, das Wirtschaftswachstum zu steigern, die Arbeitslosigkeit zu senken und der gesellschaftlichen Entwicklung neue Impulse zu verleihen.

Der Vertrag leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des Friedens, der Sicherheit und der wirt­schaftlichen Stabilität in der Region. Chiles Funktion als Stabilitätsanker in der Region wird durch die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens unterstrichen.

Nicht zuletzt möchte ich noch auf die Signalwirkung des Abschlusses auf die Verhandlungen mit dem Mercosur über ein vergleichbares Abkommen hinweisen. Wir alle hoffen, dass die Erfolgsbilanzen aus den Abkommen mit Mexiko und Chile auch dazu führen werden, dass nach dem Verfehlen des selbstgesteckten Abschlussdatums Ende Oktober nunmehr unter der neuen EU-Kommission in nicht allzu ferner Zukunft der Abschluss mit dem Mercosur zustande kommt.

Angesichts der dargelegten Argumente stimmt die SPD-Bundestagsfraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung ohne Änderungen zu.


Kolumbien:

Die CDU/CSU-Fraktion ist mit dem vorliegenden Antrag zu Kolumbien in wesentlichen Punkten auf unsere Linie eingeschwenkt. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen – ich gehe gleich im Einzelnen darauf ein. Dennoch zeigt sich aus unserer Sicht ganz deutlich, dass diese richtigen Ansätze nicht in letzter Konsequenz zu Ende gedacht werden. Verschiedene Punkte lassen eine Befürwortung der zu beratenden Drucksache nicht zu.

Ihr Antrag benennt die bisherigen Erfolge der Regierung Uribe und verweist richtigerweise darauf, dass diese zunächst vorläufig sind und der Weg zu einer dauerhaften Befriedung der kolumbianischen Gesellschaft noch lang und äußerst beschwerlich sein wird. Umso wichtiger ist auch aus unserer Sicht die Unterstützung der Regierung Uribe auf diesem Weg.

Vor diesem Hintergrund ist es unbestritten notwendig, von europäischer Seite neue Impulse für den festgefahrenen Friedensprozess zu geben. Diese Auffassung vertreten wir seit langem. Die SPD-Bundestagsfraktion hat in einer Entschließung vom April letzten Jahres -aber auch schon im Juli 2000- auf die Wichtigkeit eines entschiedeneren Engagements der Europäischen Union hingewiesen. In diesem Zusammenhang haben wir die Ernennung und Entsendung eines „Hohen Beauftragten der Europäischen Union für den Konflikt in Kolumbien“ vorgeschlagen. Seine Aufgabe bestünde darin, den vorhandenen europäischen Ansatz für eine friedliche Konfliktlösung auf dem Verhand­lungswege mit Nachdruck zur Geltung zu bringen und damit dazu beizutragen, in enger Abstimmung mit der kolum­bianischen Regierung, dem Sondergesandten der Verein­ten Nationen und der OAS den Friedensprozess wieder neu zu beleben und zu dynamisieren. Von kolumbianischer Seite ist dieser Vorschlag bisher sehr positiv aufgenommen worden, so auch jüngst während meiner letzten Reise nach Bogotá im vergangenen Oktober.

Ihre Einschätzung der Hauptproblemfelder teilen wir, wenn auch mit etwas anderer Gewichtung: Die Menschenrechts­situation in Kolumbien ist nach wie vor kritisch. Es gilt weiterhin, die kolumbianische Regierung auf die Umsetzung der Empfehlungen des VN-Hochkommissars für Menschen­rechte vom vergangenen Februar zu verpflichten und dabei zu unterstützen.

Unserer festen Überzeugung nach kann es letztendlich nachhaltigen Frieden in Kolumbien nur auf dem Verhand­lungswege geben. Deshalb begrüßen wir Ihre Forderung, die kolumbianische Regierung bei der Anbahnung konstruk­tiver Friedensverhandlungen mit allen illegalen Gruppen zu unterstützen.

In diesem Zusammenhang verfolgen wir aufmerksam den Demobilisierungsprozess mit den Paramilitärs, den wir grundsätzlich befürworten. Viele Stimmen in Kolumbien sprechen sich allerdings kritisch gegenüber einer Quasi-Legalisierung der paramilitärischen Verbände in die rechts­staatliche Ordnung aus, zumal das diesbezügliche Konzept der Regierung nicht kohärent erscheint und auch noch kein Gesetzesrahmen existiert. Trotz aller Schwierigkeiten im Prozess der Demobilisierung und Wiedereingliederung der Paramilitärs sehen wir dazu keine Alternative. Gleichwohl gilt es aus unserer Sicht darauf zu achten, dass die Verhandlungen transparent gestaltet werden und die Balance zu Gunsten der Rechte der Opfer gewahrt bleibt. Ihr Vorschlag, die Einrichtung einer Wahrheitskommission, kann in diesem Prozess ein wichtiges Instrument sein, setzt allerdings den politischen Willen und ein funktionierendes Rechtssystem voraus.

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt insbesondere, dass Sie in diesem Kontext auch die Notwendigkeit von umfas­senden gesellschaftlichen Reformen in Kolumbien betonen.

Zu Recht fordern Sie in diesem Zusammenhang die Bündelung der friedenspolitischen Anstrengungen seitens der USA und Europa. Zumindest die Zeichen für eine geschlossenere Haltung der Europäer gegenüber Kolum­bien stehen nach dem Regierungswechsel in Spanien gut. Damit verbessern sich zwar grundsätzlich die Chancen von multilateralen Initiativen, inwiefern diese aber in einen aus­gewogeneren neu aufgelegten Plan Colombia münden, bleibt abzuwarten. Im Ergebnis sollte ein angemessenes Gleichgewicht zwischen ziviler und militärischer Konfliktbe­wältigung hergestellt sein. Ich freue mich, dass die CDU/ CSU-Fraktion in diesem Punkt von der einseitigen Unter­stützung eines vornehmlich militärisch ausgelegten Plan Colombia abgerückt ist.

Lassen Sie mich nun aber zu meiner eingangs geäußerten Kritik am vorliegenden Antrag kommen.

Es ist schon erstaunlich: Einerseits betonen Sie richtiger­weise die regionale Dimension des Konflikts. Nur zusam­men mit den Anrainerstaaten können die friedenspolitischen Anstrengungen zu einer konstruktiven Lösung führen.

Andererseits aber muss in Ihrer Situationsanalyse fast gebetsmühlenartig die Verunglimpfung des Nachbarn Venezuela folgen. Sie stützen sich dabei -wie so oft- auf ungesicherte Erkenntnisse, Verdächtigungen und Unter­stellungen. Es ist mir unverständlich, wie Sie versuchen, einen bedeutenden Partner von diesem gemeinsamen Vorgehen auszugrenzen, wenn man doch einen regionalen Ansatz in dieser Frage fördern will. Bedauerlicherweise disqualifizieren Sie sich und Ihre guten Ansätze in dieser Frage.

Ein weiterer Punkt ist Ihre Einschätzung der Drogen­problematik: Natürlich geht es um unsere Sicherheit, aber es geht auch um unsere Verantwortung als Konsumen­tenländer, zu der Sie sich im vorliegenden Antrag nicht hinreichend bekennen. Es muss aus unserer Sicht eine langfristige Perspektive für den alternativen Anbau eröffnet werden. Insofern ist von allergrößter Wichtigkeit, dass von Seiten der EU ein attraktives Nachfolgerregime für das APS „Drogen“ angeboten wird. Wir sehen bisher, dass Maßnahmen im Rahmen des Plan Colombia zur Bekäm­pfung von Drogenanbau und -kriminalität z. T. nicht in dem Maße erfolgreich waren wie erwartet, oft nur kurzfristig ein­getreten sind oder lediglich zu einer Verlagerung in Nach­barländer geführt haben.

Sie sprechen sich schließlich in Ihrem Antrag für die Möglichkeit der Wiederwahl des Präsidenten aus. Über eine Verfassungsänderung in Kolumbien mag man in der Tat denken, wie man will. In jedem Fall steht es dem Deutschen Bundestag aber nicht an, sich in der einen oder anderen Weise dazu zu erklären und sich damit in diese inner­kolumbianische Diskussion einzumischen. Ich bin über­zeugt, dass der kolumbianische Kongress unter Abwägung des Für und Wider die ‚richtige’ Entscheidung in dieser wichtigen Frage treffen wird.

Insgesamt ist Ihrem Antrag sehr deutlich die Handschrift des zu Grunde liegenden SWP-Papiers von Dr. Günther Maihold anzumerken. Es wäre schön, wenn die darin zum Ausdruck kommenden Intentionen auch tatsächlich Eingang ins Bewusstsein Ihrer Fraktionsmitglieder gefunden hätten. Die Zukunft wird zeigen, ob meine diesbezügliche Skepsis berechtigt ist.

Lassen Sie mich abschließend einige Bemerkungen zum internationalen Kontext machen, der m. E. die Bemühungen um den Frieden in Kolumbien nicht gerade erleichtert. Allzu vorschnell werden derzeit dem „Kampf gegen den Terrorismus“ weltweit Entwicklungen subsumiert, die vielleicht einer differenzierteren Betrachtung bedürften. Bei diesen Konflikten in der Welt gerät Ursachenforschung stellenweise völlig in den Hintergrund, und nachvollziehbare Lösungsansätze für eine nachhaltige Sozial- und Friedens­politik werden weitestgehend ignoriert und tabuisiert. Chancen und Möglichkeiten, Friedenspolitik präventiv durch umsichtige und gerechte Sozialpolitik anzugehen, werden in der globalisierten Welt oft aus Ideologiegründen nicht gesehen, negiert, zumindest aber nicht offensiv propagiert und verfolgt. Monokausale Erklärungs- und Lösungsan­sätze können aber nur in eine Sackgasse führen, wie uns an den Beispielen der Eskalation im Irak, im Nahen Osten und anderen Regionen schmerzlich, inzwischen fast täglich vorgeführt wird. Dies sollten wir auch in Bezug auf Kolum­bien im Hinterkopf behalten.

Da es, wie oben erläutert, in verschiedenen Punkten Übereinstimmung zwischen unseren Fraktionen gibt, finden wir es bedauerlich, dass nicht im Vorfeld der Einbringung ins Plenum der Versuch unternommen wurde, zu einer Verständigung zu kommen. In der vorliegenden Form kann die SPD-Bundestagfraktion trotz aller begrüßenswerten Ansätze nicht zustimmen.



 

zurück zur Übersicht
 
Lothar Mark mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
Lothar Mark, Berichterstatter für den Haushalt des Auswärtigen Amtes, mit Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Lothar Mark mit der baden-württembergischen Abgeordneten Evelyne Gebhardt nach ihrer erneuten Wahl ins Europäische Parlament.
Lothar Mark mit dem Geschäftsführer des Kongresszentrums Mannheimer Rosengarten (MKT), Michael Maugé.
Lothar Mark mit dem ehemaligen Bundesminister für Arbeit uns Soziales, Franz Müntefering, beim Sommerfest der SPD auf dem Karlstern.
Lothar Mark mit dem neuen Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Dr. Peter Kurz.
Lothar Mark trifft als Beauftragter der SPD-Bundestagsfraktion für Lateinamerika den damaligen Präsidentschaftskandidaten Lula da Silva in Berlin.
Lothar Mark mit dem kolumbianischen Vizepräsidenten Francisco Santos Calderón, der zu Gast im Gesprächskreis Lateinamerika war.
Lothar Mark erhält vom Botschafter Mexikos, S.E. Jorge Castro-Valle Kuehne, den höchsten mexikanischen Verdienstorden "Aguila Azteca" in Würdigung seiner Verdienste für die deutsch-mexikanischen Beziehungen.
Lothar Mark mit der Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bundestagsvizepräsidentin a.D. Anke Fuchs.
Lothar Mark mit dem neuen Präsidenten des Goethe-Instituts, Herrn Prof. Dr. phil. h.c. Klaus-Dieter Lehmann
Lothar Mark mit der ehemaligen Präsidentin des Goethe-Instituts München, Prof. Dr. Jutta Limbach.
Lothar Mark bei einer Demonstration der Mannheimer Bürgerinitiative - Jetzt reichts - gegen den Ausbau des Flughafens Coleman-Airfield.
© Copyrights 2003 Lothar Mark  Impressum | Haftungsausschuss mfact